Herzog Adolph von Nassau, dessen Schlosspark in Wiesbaden-Biebrich gut 200 exotische Pflanzen umfasste. Als das Herzogtum 1866 wie Frankfurt von Preußen annektiert wurde, sah sich der adlige Botanicus gezwungen, seine berühmten „Biebricher Wintergärten“ zu veräußern und beauftragte damit Heinrich Siesmayer (1817–1900).
Der Kunst- und Handelsgärtner hatte sich unter anderem mit der Gestaltung des Bad Nauheimer Kurparks einen Namen gemacht. Mit der herzoglichen Sammlung schien realisierbar, wovon er schon eine Weile träumte: Nach Vorbildern in Brüssel und London wollte Siesmayer in Frankfurt einen „Südpalast“ errichten, der als Hort fremdländischer Pflanzen zugleich zum Treffpunkt der Gesellschaft würde. Jetzt brauchte er nur noch Mitstreiter – und das nötige Kapital. Beides fand er bei einigen Honoratioren der Stadt, darunter Leopold Sonnemann, Bankier und Begründer der früheren „Frankfurter Zeitung“. Im Mai 1868 bildete man ein Komitee zum Erwerb der Biebricher Wintergärten. Die „Actien“ der am 6. August 1868 gegründeten Aktien-Gesellschaft fanden in der Bürgerschaft derart reißenden Absatz, dass kurz darauf Adolph von Nassaus grüne Schätze für 60.000 rheinische Gulden den Besitzer wechselten.
Die Stadt überließ der Aktiengesellschaft in Erbpacht sieben Hektar Land an der damals noch ländlich geprägten Bockenheimer Straße. Schon Ende 1869 erfolgte der Umzug der Gewächshäuser, und 1870 fand die erste Blumenausstellung statt. Offiziell eröffnet wurde das neue Gartenreich mit seinem prächtigen Ensemble aus Palmenhaus und angeschlossenem Gesellschaftshaus am 16. März 1871 in Anwesenheit des preußischen Kronprinzen. Drei Jahre später besuchte sogar Kaiser Wilhelm I. den von Bürgern für Bürger kreierten Garten. Die exotischen Pflanzen ebenso wie Konzerte und Bälle, die dort gefeiert wurden, machten ihn bald zur viel gerühmten Attraktion der Stadt.
Die Ära der Aufbaujahre endete 1886 mit dem Abschied von Heinrich Siesmayer als bis dato ehrenamtlichem Direktor. Sein Nachfolger August Siebert (1854–1923), der als Gartenfachmann ebenso wie als Gesellschafter hohes Ansehen in der Stadt genoss, konnte in den knapp vier Jahrzehnten seiner Amtszeit das Park-Gelände mehrfach erweitern und verschönern. Unter anderem schuf er neue Schauhäuser und ein Rosarium, führte die elektrische Beleuchtung ein und legte einen Gartenführer vor. In den Notzeiten des Ersten Weltkriegs dienten Gewächshäuser und Freiland zum Anbau von Gemüse, mit dem Lazarette versorgt wurden. Inmitten des nun schon feinen Villenviertels Westend überstand der Garten die Kriegszeit halbwegs schadlos, nicht aber die folgende Wirtschaftskrise.
1997 - Heute: Aufbruch ins 21. Jahrhundert
Matthias Jenny, Hagemanns Stellvertreter und Leiter der wissenschaftlichen Abteilung, übernahm zunächst kommissarisch die Amtsgeschäfte. Seit Januar 1998 ist der habilitierte Biologe Direktor des Gartens. Die Spendenaktion, deren Erfolg 1999 mit der Wiedereröffnung des aufs Feinste sanierten Palmenhauses gefeiert wurde, geriet ihm gleichsam zum Symbol für seine Arbeit und die Zukunft der Grünoase: Wo städtische Budgets knapp sind, gilt es, für alle Projekte Fördermittel von außerhalb zu rekrutieren und dafür stabile Netzwerke zu knüpfen.
Jüngstes Beispiel für Jennys intensive Bemühungen ist die Stiftung Palmengarten und Botanischer Garten. Damit ist nicht nur der Erhalt beider Gärten langfristig gesichert, sondern auch die Möglichkeit, mit Stiftungsgeldern neue Projekte zu finanzieren. Schon geplant sind ein „Merian-Haus“ für Schmetterlinge sowie eine „Mur végétal“ des Tropenbotanikers <span "="" lang="fr">Patrick Blanc. Gelingt die Finanzierung, könnte entlang der Miquelallee die weltweit längste Pflanzenwand des Pariser Gartenkünstlers entstehen.
Schon fester Bestandteil des historischen Pflanzenhorts sind jene Attraktionen, die in den vergangenen zwölf Jahren realisiert wurden, darunter Geschenke von Unternehmen wie der Goethe-Garten, und das an den Schutz des Tropenwalds gemahnende Baumhaus „Aripuca“. Seit 2003 hat das Kindermusiktheater „Papageno“, das erstmals 1998 im Palmengarten gastierte, hier seine vielbesuchte eigene Spielstätte. Für die jüngsten Besucher wurden überdies mithilfe von Sponsoren die Spielplätze allen nötigen Sicherheitsbestimmungen gemäß umgestaltet. Ab Frühsommer 2011 verlockt die Kleinen sogar ein kreativer Wasserspielplatz zum Planschen. Nach dem Auszug der Berufsschule aus Haus Leonhardsbrunn startete dort 2009 das begeistert aufgenommene Projekt „Kinder im Garten“ in Zusammenarbeit mit Frankfurter Kitas. Drei Sponsoren sichern die Finanzierung für die ersten drei Jahre. Ein Geschenk Lyons zum 50. Jahrestag der Städtepartnerschaft war 2010 das Lichtkunstwerk, das seither den Oktogonbrunnen fulminant illuminiert. Die Gastronomie wiederum bietet schon seit einiger Zeit die Wahl zwischen einem Kinderkiosk, dem Caféhaus Siesmayer mit seiner Sonnenterrasse und der stilvollen Villa Leonhardi.
Die größte Herausforderung in einem lebendigen Gartenreich sind die immer wieder nötigen Sanierungsmaßnahmen. Mithilfe von Spenden erfolgten 2007 die Neuanlage des Rosengartens und 2009 die Neuverglasung der Galerien am Palmenhaus. Um laufende Kosten einzusparen, wird auch das Energiekonzept immer wieder auf den neuesten ökologischen Stand gebracht. Während beim Tropicarium die Finanzierung einer Neuverglasung noch nicht gesichert ist, wird im Gesellschaftshaus schon zügig umgebaut. Das 35-Millionen-Projekt nach Plänen von David Chipperfield ist die größte Baumaßnahme seit Schosers Zeiten. Denn nicht nur die 1929 im Stil der Neuen Sachlichkeit verkleidete, später nochmals veränderte Fassade wird ein neues Aussehen erhalten. Auch der prachtvolle Festsaal mit seinem Oberlicht sowie den historischen Stuckaturen und Wandgemälden wird restauriert. Neben neuen Bankett- und Business-Lounges sollen auch Treppenhäuser und sämtliche technische Anlagen modernisiert werden. Die glanzvolle Wiedereröffnung des Hauses ist für 2012 vorgesehen.
Davon wird nicht zuletzt das Veranstaltungsprogramm profitieren, das seit alters her regelmäßig wiederkehrende Pflanzenschauen, Vorträge, Feste und Konzerte umfasst. In den vergangenen Jahren wurde das Angebot immens ausgeweitet. Ein bis zweimal im Jahr gibt es spannende kulturhistorisch-botanische Themenausstellungen wie zur Pflanzenwelt Chinas, Farbpflanzen oder Pflanzen-Öle. Kunst-Schauen, Lesungen, Buch-Premieren und Erlebnis-Führungen bereichern die Agenda. Das Musikangebot umfasst neben Jazz und Klassik inzwischen auch „Weltmusik“ und „Blues im Palmengarten“. Dort, wo die Besucher des 19. Jahrhundert erstmals exotische Palmen, Kamelien und Zitrusbäumchen entdeckten, lockt im 21. Jahrhundert eine globalisierte Melange von Attraktionen aus Natur und Kultur.