Eine kleine Geschichte des Fraunhofer von 1774 – 1945 1774 – 1820
Im Herbst 1774 ersuchte "unterthänigst und gehorsamst" der "Münchner Bürger und Bierzäpfler" Andreas Rankl "den wohllöblichen Magistrat der churfürstlichen Haupt- und Residenzstadt München", das in seinen Besitz gekommene, "als Beck- oder Brodhäusl benannte Anwesen außerhalb am Iserthor
an der Bleichen, allwo man in die Au zu gehen pflegt, eine Bierzäpflerey eröffnen" zu dürfen, "auch wenn alldort bisher ausschließlich und seit undenklichen Zeiten Beck am Brodmachen gewest sind." Trotz mehrfachen, geharnischten Einspruchs der Münchner Bäckerzunft wurde der Bitte 1775 vorläufig stattgegeben. Die seit Jahrhunderten an dieser Stelle existierende kleine Bäckerei, bestehend aus einem einstöckigen schmalen Gebäude mit Vorgarten, verwandelte sich in die Bierwirtschaft "Zum Brodhäusl" am Stadtbleichanger.
Erster Brodhäuslwirt wurde freilich nicht der Bierzäpfler Rankl. Vielmehr kauften wenig später die "Kaspar Huberischen Eheleute" den Besitz und begannen damit, dort Bier auszuschenken und "Kleinspeisen" zu verabreichen. Endgültig genehmigt wurde den beiden die Bierschenkgerechtsame erst nach einer gütlichen Übereinkunft mit der Bäckerzunft am 18. Oktober 1797! Das "Brodhäusl", aus dem viel später das "Restaurant Fraunhofer" wurde, befand sich damals noch in unmittelbarer Nachbarschaft der alten Münchner Militärmühle, die dort als "Mühle zur Säldenau" bereits im 14. Jahrhundert Erwähnung fand. An dem Weg, der den ansonsten völlig unbebauten Stadtbleichanger von der Müllerstraße bis zum Isarufer hin durchquerte, sind auf dem Stadtplan von 1826 nur diese beiden nebeneinanderstehenden Häuser eingezeichnet. 1830 wurde der Weg zur Fraunhoferstraße, und das "Brodhäusl" bekam wegen des Fehlens anderer Gebäude zur Müllerstraße hin die Nr. 1. 1821 – 1915
Am 26. März 1821 verkaufte der "Sohn der Huberischen, Gastgeb und Küchelbäcker, Joseph Huber" sein Anwesen samt der Biergerechtsame Nummer 87 an den bürgerlichen Küchelbäcker Michael Vollnhals, dem allerdings nach Einspruch der Bäckerzunft vom Magistrat abverlangt wurde, dass er "die Küchelbäckerei aufzugeben habe, wenn er als Bierschenk konzessioniert würde". Vollnhals fügte sich nicht nur, sondern machte in den folgenden Jahren vom "Brodhäusl" aus eine beispiellose Karriere als erster Münchner "Großwirt" mit einem Dutzend Wirtshäuser in allen Stadtteilen.
Am 19. Mai 1841 erreichte den Magistrat Vollnhals‘ Anzeige, dass er sein Anwesen samt Schenkgerechtsame Nr. 87 dem Bierbräu Matthias Pschorr, genannt "zum Hacker", käuflich gegen die Summe von 10.000 Gulden überlassen habe. Dieser verpachtete das inzwischen in "Tafernwirtschaft Vollnhals" umgetaufte Lokal an einen Franz Schaifacker. der allerdings - ebenso wie eine Anzahl ihm folgender Pächter - nicht lange darauf wirtschaftete. da ihm wie allen übrigen aus allen möglichen Berufen kommenden Gastgebaspiranten (sogar ein Herrschaftsdiener. ein Haarpuderer und ein Hatschier waren darunter zu finden), jegliche Wirteerfahrung fehlte. Erst ein Bierwirt namens H. Rechl kam ab 1850 in der zum Wirtshaus gewordenen Bäckerei auf einen grünen Zweig und blieb bis 1861 Pächter des jetzt auch offiziell "Zum Rechlwirt" genannten Gasthofes. 1874 entstand an Stelle des abgebrochenen alten Brodhäusl‘s der noch heute existierende, damals mit einer klassizistischen Fassade versehenen Bau. Die in Parterre untergebrachte Gaststätte behielt weiter den Namen "Zum Rechl". Dem Pächter Friedrich Kohlmüller wurde 1889 von Matthias Pschorr ein täglicher Bierabsatz von drei Hektolitern bestätigt.
1891 kam es zu einem "Umbau der Lokalitäten". "Im Hofe, im Souterrain über die Treppe", entstand eine Kegelbahn. 1892 wurde das seit den sechziger Jahren als Fraunhoferstraße 5 adressierende Anwesen von Pschorr an den Metzgermeister Franz Strittner verkauft, der das Wirtshaus "Zum Rechl" selbst betrieb. Als nächster Besitzer des Anwesens kam 1896 der Restaurateur und frühere Thomasbräukellerwirt Heinrich Treffler zum Zug, sich an der Fraunhoferstraße sein Geld zu verdienen. Er machte sich sogleich nach der Übernahme daran, das "Wirtschaftslokal zum Hofe hin zu vergrößern, das Rückgebäude aufzustocken und auszubauen, sowie ein Stall- und Remisenbauwerk zu erstellen". Nach Abschluss all dieser Aktivitäten wurde das Haus amtlich so beschrieben; "Zu ebener Erde befindet sich das Gasthaus, jetzt ,Restaurant Fraunhofer‘ genannt.
Das Hauptlokal verfügt über 74qm bei einer Höhe von 3 Meter 44. und einer Gesamtstraßenfront von 12 Meter 85. Nachts hat das Haus Gasbeleuchtung. Die Wirtswohnung befindet sich im 4. Stock, Dienstbotenzimmer im Hochparterre, eines mit 18 qm mit vier Betten, zwei mit 12qm mit je zwei Betten. Zum Hofe hin ist das Nebenzimmer. auch 'Gesellschaftslokal' genannt, mit 55qm. sowie die Kegelbahn. In derselben müssen ab 10 Uhr abends Gummikugeln des geringem Lärmens wegen benutzt werden." 1905 wurde die Spaten Brauerei Besitzerin des Hauses Fraunhoferstraße 5. Zwei Jahre danach konnte die Brauerei beim Magistrat durchsetzen, dass "im Hofraum ein Wirtsbetrieb mittels Aufstellens von fünf runden Tischen in dessen nordwestlichem Teil gestaltet wird. Bei schlechter Witterung kann an dieser Stelle eine Zeltüberdachung erfolgen. Musik- und Gesangsdarbietungen sind zu unterlassen, dem Dienstpersonal sind geeignete Schlafstätten zuzuweisen".
1915 – 1945
1915 zog im "Gesellschaftsraum" die Studentenverbindung "Turonia" als Dauermieter ein. Die vom Wirt des "Restaurant Fraunhofer" an Spaten zu entrichtende Jahrespacht belief sich auf 3300 Mark.1926 betrug der monatliche Bierverkauf dort 41 Hektoliter zuzüglich 27 Hektoliter "über die Gasse". Der Jahresverkauf wurde mit 822 Hektoliter bestätigt. Der zuständige Bezirksinspektor schilderte die Gaststätte damals in seinem Recherchenbericht folgendermaßen: Vollbetrieb mit Speisenabgabe. Hauptbesuchszeiten mittags und abends, dabei nachmittags durchgehend. Gutgehender alter Betrieb, gute Lage, ausgedehnte Räumlichkeiten. Besteht in dieser Form seit dem 1. Juli 1875, vorher zweistöckiges Anwesen mit Stall und Remise." Und weiter: "Die Wirtschaft ist eine der bestgehendsten im Bezirk und wird zu allen Tageszeiten gut besucht, hauptsächlich von anwohnender Bevölkerung, bestehend aus Geschäftsleuten und aus Angehörigen aller Schichten, zum Teil auch Passanten."
1935 wurde das Anwesen umnummeriert. Seit damals steht es als Fraunhoferstraße Nummer 9 verzeichnet. Den zweiten Weltkrieg überdauerte es weitgehend unbeschädigt. Die klassizistische Fassade wurde nach geringfügigen Splitterbombenschäden in der Nachkriegszeit leider nicht restauriert.
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